
Chapter No. 12 – Simplicity
Chapter – The Design Journal.
Das Beste aus der Welt des Designs: Von Produkt- und Mobility-Design bis hin zu Design-relevanten Themen aus Kunst, Reise oder Architektur.
N° XII: »Simplicity«
Coverstory: »Jil Sander – Die visionäre Gestalterin«
Wie viel Komplexität braucht die Einfachheit? Und was bleibt, wenn Gestaltung sich radikal zurücknimmt? Chapter №XII beleuchtet das Spannungsfeld zwischen formaler Reduktion und funktionaler Präzision – und fragt, worin das tatsächliche Potenzial von »Simplicity« liegt. Wie immer spannt Chapter dabei einen weiten Bogen über unterschiedlichste Felder zeitgenössischen Designs: von Interior- bis Automobildesign, von Yachtgestaltung über Architektur und Uhrmacherei bis hin zu Kunst.
Umfangreiche Reportagen, Portraits und Essays greifen unter anderem die Frage auf, wie zeitgenössische Designerinnen und Designer den Balanceakt zwischen der Reduktion des Sichtbaren und gleichzeitiger Zugänglichkeit meistern – zwischen gestalterischer Klarheit und verborgener Komplexität; zwischen dem, was wir als einfach empfinden, und dem, was es in Wirklichkeit ist. Denn Einfachheit, so zeigt diese Ausgabe, ist nicht eine simple Frage des Weglassens oder Verschwindenlassens.
Chapter Autor Lutz Fügener beschreibt es in seinem Beitrag als eine Art Paradox unseres Alltags: »Was als Vereinfachung verkauft wird, müssen wir uns nicht selten mit erhöhter Komplexität erkaufen.« Die vermeintliche Reduktion und das Versprechen von Einfachheit scheitert allzu oft in der Praxis — dabei wäre es in unserer heutigen Zeit der rasant fortschreitenden technischen Komplexität mehr denn je eine Notwendigkeit, insbesondere technologisch anspruchsvolle Produkte möglichst klar erscheinen zu lassen, sodass Nutzer:innen den Eindruck behalten, alles unter Kontrolle zu haben.
Auch Andreas K. Vetter nähert sich diesem so vielschichtigen Ausgabenthema aus durchaus ähnlicher Perspektive: In seinem Essay »Artefakt«, in dem er insbesondere historische, künstlerische und philosophische Aspekte des »Weglassens« beleuchtet, zeigt er, dass Reduktion nicht zwangsläufig zu Leichtigkeit führt. Was verschwindet, erzeugt Lücken — nicht nur funktionale, sondern auch kulturelle, mitunter gar emotionale. Die Vereinfachung fordert unsere Aufmerksamkeit neu — und manchmal verlangt das, was bleibt, mehr Auseinandersetzung als das, was entfernt wurde.
Besondere Aufmerksamkeit lenken wir aber auch auf eine andere Ebene von »Simplicity«: Gestaltung, die wir als gelungene Einfachheit erleben, ist häufig das Ergebnis hochkomplexer Systeme, die im Hintergrund aktiv, jedoch intelligent integriert sind. Es ist eine »Kunst des Verschwindenlassens«: Technologie wird verborgen, bis sie nicht mehr da zu sein scheint — und genau dadurch das Gefühl von Eleganz und Leichtigkeit erst ermöglicht.
Die Welt der Superyachten zeigt dieses Spiel sehr eindrucksvoll: Im Beitrag »Leise Wellen schlagen« zeigt Chapter Autorin Sarah Wetzlmayr, mit welchem Aufwand die visuelle Stille auf modernen Luxusyachten erzeugt wird. Türen, die sich lautlos in Wandpaneele einfügen, Motoren, die kaum mehr hörbar sind, Bedienelemente, die sich in Materialflächen auflösen — alles fügt sich in eine orchestrierte Ruhe. Doch unter den eleganten Oberflächen und der visuellen Leichtigkeit verbirgt sich eine hochgradig komplexe Technosphäre. Besonders treffend bringt diesen Anspruch an Gestaltung Felix Kilbertus, CCO von Pininfarina (und unlängst übrigens auch hoch interessanter Gesprächspartner in unserem Podcast Chapter Talks) in unserem Interview auf den Punkt: Für ihn beschreibt der etwas archaisch-italienische Begriff »Sprezzatura« am besten die Idee jener mühelosen Anmut — die Kunst, etwas Schwieriges leicht aussehen zu lassen oder bei der Ausführung komplexer Aufgaben ein nonchalantes Auftreten zu bewahren.
Ähnlich verhält es sich in der Welt der Haute Horlogerie, in der äußerer Minimalismus und technische Komplexität keine Gegensätze sind. In der schlicht gestalteten Uhr, die sich leise am Handgelenk zeigt, verbirgt sich oftmals ein höchst kompliziertes Innenleben. Minimalismus und Maximalismus schließen sich also in der Uhrmacherei keineswegs von vornherein aus, auch wenn Ersterer in punkto Design aktuell ein Comeback feiert, wie unser Autor Max Montre attestiert.
Für die Coverstory dieser Ausgabe konnten wir eine Persönlichkeit gewinnen, deren Einfluss auf das Verständnis von gestalterischer Reduktion und zeitgemäßem Luxus kaum zu überschätzen ist: Jil Sander. Als deutsche Wegbereiterin eines minimalistischen Verständnisses von Luxus und Ikone der gestalterischen Reduktion prägt Sanders Werk bis heute den internationalen Diskurs um Reduktion, Materialität und die Schönheit des Einfachen — weit über die Mode hinaus. »Simplicity«, so wurde im Gespräch zwischen Chapter Creative Director Dzenana Mujadzic und Jil Sander deutlich, ist für die deutsche Designikone kein ästhetisches Konzept, das auf einer replizierbaren Formel beruht, sondern das Ergebnis eines sich stets wandelnden kreativen Muts und der Überzeugung, dass das Wesentliche nicht erklärt werden muss — sondern sich im Gebrauch beweist.
Dies und vieles mehr jetzt in Chapter XII – »Simplicity«.
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